Im vergangenen Jahr sind Betrugsdelikte wie „Falsche Polizeibeamte“ und „Enkeltrick“ stark angestiegen. Auch während den schwierigen Zeiten der Corona Pandemie schlagen die Betrüger zu und machen keinen Halt. Die Polizei Aalen informiert daher aktuell auf verschiedenen Wochenmärkten, um Passanten präventiv vor einem Schaden zu schützen. Anfang September waren die Kollegen Mejzlik und Sipos vom Referat Prävention mit einem Infostand zum Thema „Betrug“ auf dem Backnanger Wochenmarkt. Wir haben die Gelegenheit genutzt und uns dazu mit ihnen unterhalten:
Interview mit der Polizei - Volksbank Backnang eG
Kriminelle versuchen mit arglistigen Tricks an Geld von meist älteren Personen zu gelangen. Welche Betrugsmaschen sind momentan besonders verbreitet?
Immer noch aktuell sind „falsche Polizisten“ und der „Enkeltrick“. Auch eine Kombination aus beiden Maschen sind uns bekannt. Zuerst nimmt der vermeintliche Enkel Kontakt mit den Opfern auf, danach melden sich falsche Polizisten und erhöhen den Druck. Auch die Taktik mit den Gewinnversprechen ist weiterhin präsent: Täter fordern Betroffene dazu auf, bestimmte Gutscheine zu erwerben. Im Anschluss sollen die Gutscheincodes am Telefon durchgegeben werden. Nur per Vorkasse sei der in Aussicht gestellte Gewinn garantiert. Die Gutscheine sind sodann wertlos, das eingesetzte Geld ist verloren.
Wie gehen Täter beim „Enkeltrick“ und als „falsche Polizisten“ vor?
Beim Enkeltrick rufen die Täter oftmals ohne Namensnennung bei ihrem Opfer an und fragen: „Rate mal Oma/Opa, wer dran ist.“ Die Opfer geben Namen von ihren Enkeln preis und die Kriminellen geben sich als denjenigen aus. Eine dringende Notlage wird vorgetäuscht, z.B. ein Autounfall, weshalb Bargeld benötigt wird. Es wird vereinbart, dass eine andere (dem Opfer unbekannte) Person vorbeikommt, um das Geld abzuholen, da der Enkel selbst verhindert sei. Falsche Polizisten hingegen geben sich am Telefon als Beamte des örtlichen Reviers oder des Präsidiums aus und behaupten u.a., dass gerade in der Nachbarschaft eingebrochen wurde. Die Täter seien noch nicht gefasst und es wäre eine Liste mit weiteren potenziellen Opfern aufgetaucht, zu denen der Angerufene gehöre. Es wird geraten, das Geld und sämtliche Wertgegenstände von einem Kriminalbeamten in Sicherheit bringen zu lassen. Ein Kollege in „zivil“ wird vorbeigeschickt, um alles abzuholen.
Wie oft werden derartige Taten verübt?
Häufiger als man denkt: 2019 wurden bundesweit 14.075 Fälle falscher Polizisten gemeldet und 2.793 Enkeltricks (erfolglose Versuche mitberücksichtigt). Insgesamt entstand 2019 so ein Schaden von über 7,5 Mio. €. Zum Vergleich: Von den 14.075 falschen Polizisten schlugen fast 1.000 im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Aalen zu. Die Dunkelziffer dürfte noch viel höher sein. Im ersten Halbjahr 2020 wurden allein im Rems-Murr-Kreis, 104 falsche Polizisten und 63 Enkeltricks gemeldet. Hierbei entstand Opfern bislang ein Gesamtschaden von über 140.000 €. Die Tendenz ist bei beiden Maschen weiterhin steigend.
Wie kommen Täter an Daten der Opfer? Wie wählen Sie diese aus?
Die Täter gehen äußert geschickt vor und recherchieren ihre Opfer im Internet. Hier wird in öffentlichen Telefonverzeichnissen explizit nach „älteren Namen“ gesucht. Außerdem nutzen sie u.a. Geburtstagsanzeigen aus Zeitungen. Durch diese erhalten sie vollständigen Namen, teilweise auch Adressen der Familien. Mit diesen Informationen beginnen sie das Gespräch, bauen Vertrauen auf und schlagen dann mit der Masche zu. Perfide ist, dass sie unter der Nummer 110 oder der Nummer der örtlichen Polizeidienststelle anrufen.
Was für Möglichkeiten gibt es, sich vor einem finanziellen Schaden zu schützen?
Wenn Betrüger am Telefon sind, egal mit welchen üblen Maschen, lenken sie das Thema irgendwann auf vorhandene Vermögensgegenstände/Bargeld. Die echte Polizei würde niemals nach diesen Informationen fragen! Sobald mich ein solcher Anruf erreicht, sollte unbedingt der Hörer aufgelegt werden. Im Anschluss kontaktiert man am besten die eigenen Angehörigen, um nachzufragen, ob ein Betrüger oder doch die Familie Kontakt aufgenommen hat. Lassen Sie sich niemals unter Druck setzen oder verunsichern. Fragen Sie bei Verdacht bei der Polizei nach und rufen selbst die jeweilige Telefonnummer oder unter unserer Notrufnummer 110 an.
Was können wir als Bank tun, um Betrugsmaschen rechtzeitig zu stoppen?
Die Bank ist meistens die letzte Instanz, um einen Betrug zu verhindern. An der Kasse sollte bei ungewöhnlich hohen Bargeldabhebungen daher unbedingt nach dem Grund der Verfügung gefragt werden. Oftmals geben die Täter jedoch ihren Opfern den Auftrag, auf keinen Fall mit Bankangestellten oder anderen Personen darüber zu sprechen und jedes Gespräch „abzublocken“. In diesen Fällen können Banken das ausgezahlte Geld als letzte Möglichkeit in einen entsprechenden Umschlag einpacken, der mit Hinweisen versehen ist. Dieser kann nun präventive Wirkung erzielen und einen finanziellen Schaden verhindern. Bei Verdacht einer Straftat sollte unbedingt die Polizei hinzugerufen werden.
Was bedeutet so ein Betrug emotional für die Opfer?
Viele Betroffene haben durch den Vermögensverlust große Ängste, sind verunsichert und beschämt. Teilweise sind die Opfer schwer traumatisiert und müssen gegenüber der echten Polizei erst wieder Vertrauen aufbauen. Als wir z.B. in einem Betrugsfall noch rechtzeitig eingreifen konnten, wurden wir für Betrüger gehalten, da die Opfer so sehr am Telefon bearbeitet wurden, dass sie unser Eingreifen ebenfalls für einen Trick hielten.
Haben Sie einen Rat, für alle, die bereits Opfer einer solchen Straftat geworden sind und sich noch niemandem anvertraut haben?
Wir raten Ihnen bei der Polizei Anzeige zu erstatten. Auch nachträglich gibt es viele Möglichkeiten, wie wir den Opfern helfen und Sie unterstützen können. Natürlich ist es auch ratsam, sich der eigenen Familie anzuvertrauen, darüber zu reden und gemeinsam zu verarbeiten. Auch wenn die Aufklärungsquote leider noch gering ist, da die Köpfe der Banden oftmals aus dem Ausland agieren, können wir häufig die „Abholer“ vor Ort schnappen. Hier sind wir auf Ihre Mithilfe angewiesen.